Freitag, 24. Juni 2016

12.06.2016 Nordirland - Polen 0:1

aus Sicht der Zugfahrer:
Ich drängle mich hier einfach mal vor und berichte von unserem zweiten Spiel in Frankreich, der auch die Zusammenführung mit Reisegruppe K beinhaltete. Während wir die Anreise auf der Schiene wählten, nahm die Reisegruppe den Straßenweg und erreichte pünktlich Nizza. Voraus ging ein Übernachtung in Genua mit Anreise über die Schweiz.



Für uns begann der Tag schon sehr früh mit dem guten ÖPNV von Marseille ging es zum Bahnhof Blancarde. Dort wurde ein französisches Frühstück am Bahnsteig eingenommen. Croissants, Baguette, Ananassaft und damit der Kreislauf auf Touren kommt das erste Bierchen. Wir sahen in die Gesichter von vielen gezeichneten Briten, teils mit dunkelblauen Augenumrandungen. Statt mit Bier, schleppte man sich mit einer großen Flasche Wasser durch den Zug.


Nach Umstieg in Toulon ging es an der Cote d´Azur landschaftlich schön in Richtung Nizza. Man muss schon sagen, eine sehr schöne Ecke da unten. Einen kleinen Geschmacksschock gab es auch noch, ganz Marseille war mit Werbung für ein Himbeer-Bier zu gehangen, wie der konsumorientierte Bürger so ist, ließ man sich verleiten. So was sauer-chemisch-schmeckendes hatten wir noch nie gefunden und so waren wir in Nizza froh etwas davon abtreten zu können. Im Zug sorgte ein stark alkoholisierter polnischer Picknick-Fan für Unterhaltung, auch Gespräche zwischen schottischen Nordirland-Fans (das schottisch versteht man ja kaum) und einem Putin-Freund sorgten für viele Informationen.



Angekommen in Nizza bahnten wir uns den Weg durch die Stadt, für die Panini-Sucht nochwas im Automaten eingekauft, einen Trinker-Park durchlaufen und schon waren wir an der Strandpromenade. Dort lagen die Damen wie auf dem Präsentierteller in der prallen Sonne. An dieser Promenade verunglückte in der Nacht leider noch ein Nordire tödlich. Zu diesem Zeitpunkt war die Stimmung natürlich noch bestens, die Fanmeile war in fester Hand der Green and White Army.





Nach einem kleinen Spaziergang trafen wir die andere Reisegruppe, die ihr Hostel am Hafen bereits bezogen hatte. Gemeinsam bestritten wir den Weg zum Stadion. Bei tropischen Temperaturen fuhren wir mit einem überfüllten Bus zum Stadion. Meine Kamera machte noch einen Abflug, aber ich wollte ja eh mal eine Neue. Im Bus durften wir einem Gesangsduell zwischen Polen und Nordirland beiwohnen. Dazwischen wir immer irgendwelche Suffniks die deutsche Lieder anstimmten. Das Liedgut der Ulster Boys wusste sehr zu überzeugen, während die polnischen Schlachtrufe in der kleinen Masse nicht wirklich überzeugten.





Angekommen am Halt der Shuttle-Busse dann das böse erwachen. Die kleine Allianz Arena an der Riviera (optisch auch sehr ähnlich) war noch knappe 2-3 km entfernt also schob man sich mitsamt der Menschenmenge in Richtung Stadion. Der Dynamische war dann auch nicht mehr so glücklich darüber und feuerte seine Krücke einfach mal durch die Botanik. Am Stadion hieß es dann sich zu trennen. Reisgruppe K bog ab, wir duften noch weite um das Stadion herum. Die wieder nicht so drastischen Einlasskontrollen überwunden und schon standen wir vor dem Stadion.





Dank fehlender Verpflegungsmöglichkeiten auf dem Gewaltmarsch könnten wir uns ein überteuertes Wasser und nahmen frühzeitig auf unseren Plätzen Platz. Die Nordiren spulten schon zeitig ihr Gesangsprogramm ab. Und da ist bei weitem nicht nur das gehypte "Will Grigg´s on fire". Auch Kyle Lafferty und Conor Washington sowie einige andere mehr haben eigene Gesänge. Bei "Sweet Caroline" eskalierte die Bude und die GAWA leckte insgesamt eine flotte Sohle auf das EM-Parkett.







Es ist natürlich eine absolute Geschmacksfrage, Polen hatte mit seinen Schlachtrufen Lautstärkenvorteile, mich reißt das aber nicht so vom Hocker, da fehlten noch einige Dezibel um mich erschüttern zu lassen. Allgemein vermisste man auf polnischer Seite den engeren Aktivistenkreis, viele Picknick-Fans. Einzig in der VIP-Loge wurde ein absoluter Brecher ausfindig gemacht.






Wie gewohnt kurz zum Spiel: Das polnische Team klar besser, die Iren wirkten sehr limitiert. Allerdings dauerte es bis zur 51.Minute, dass Herr Milik sich erbarmte und das Siegtor erzielte. Der Herr Lewandowski blieb sehr blas. Gegen Ende kamen die Briten noch 2-3 mal gefährlich durch, speziell nach einem schnell ausgeführten Freistoß verzogen sie kläglich. Nach der Partie hätte ich nie damit gerechnet, dass Nordirland im Achtelfinale steht. Denn das Spiel zog sich wie Kaugummi und meine Augen fielen in Minute 75 der Schwerkraft und dem Wetter zum Opfer. Das ist mir auch noch
nie passiert ...
Zur Verpflegung während in Nizza gibt es nicht so viel Gutes zu verlieren. Das nahezu alkoholfreie Bier kann man für 6.50 erwerben, das Über-Highlight (im negativen Sinne) brachte uns aber das "Steak and Fries Sandwich" ein. Kleine, trockene Stückchen Fleisch (Trockenfleisch?) und einige Pommes in eine Teigwurst gefüllt. Soße dazu grundsätzlich erstmal keine, und eine überschaubare Tüte Ketchup konnte nur knapp 5% des Bedarfs decken. Wer uns beobachte sah sicherlich beim Ausatmen etwas Staub aus unseren Mündern entweichen. Die 5€ stellten sich also als Fehlinvestition heraus und von mir gibt's ein fettes Dislike.
Irgendwann ertönte dann auch der Abpfiff. England gegen Russland am Vortag war um Längen besser. Wir machten den Schuh um unseren Zug noch zu erreichen. Wir kamen relativ problemlos Weg, während die Leute die später abmarschierten wohl etwas länger ausharren mussten. 

Angekommen am Bahnhof verpflegten wir uns endlich mal wieder mit hopfenhaltigen Kaltgetränken, das letzte war ja schon knapp 6 Stunden her. Ein Kebab-Bistro war bereits durch einen Duisburger Ruhrpottler besetzt, der sich seinen Döner-Teller schmecken ließ aber wohl eher auf Pommes mit Schranke Lust hatte. Wir hielten uns in dem kleinen Bistro nur kurz auf, bei gefühlten 40 Grad ohne Luftfeuchte für uns nicht aushaltbar.

Während die Reisegruppe K es sich in Nizza an der Promenade noch gemütlich machte, begann für uns der aufregende Teil. Schon am Bahnhofseingang wurde kontrollierten, absolutes Alkoholverbot zusätzlich. So verschliefen wir weite Teile der Zugfahrt, bis knapp eine Stunde vor Marseille plötzlich Hektik ausbrach. Die Polizei räumte den vorderen Zugteil, alle Passagiere an das hintere Ende. Ein verdächtiges Gepäckstück wurde gefunden. Wer das auf französisch oder englisch nicht verstand, dem gab ein freundliches "Bomb!Boom!Boom!" Auskunft über die Gefahr. Die französische Gendarme, die eher nach Fremdenlegion aussahen, gaben einem nicht unbedingt das komfortabelste Gefühl. Der Clou an der Sache war auch, dass die Aktion bei fahrendem Zug passierte, der mit ordentlichem Tempo unterwegs war.

Irgendwann erreichten wir wieder Marseille. Mit dem Taxi ging es zurück ins IBIS Hotel. Die Kollegen rieten unserem Fahrer zwar zum Touristentarif doch dieser fuhr preislich vorschriftsgemäß nach Taxometer. Sehr nice! Merci! Von den Fahrmanövern auf Marseilles Straßen kann man das jetzt nicht ganz so sagen. Ausbremsmanöver, millimetergenaues Auffahren und lange Hupeinlagen gehören hier zum guten Ton. Angekommen könnten wir uns noch einen kleinen Snack aus dem Automaten und schon lagen wir breit in der Koje.
Die Abreise am nächsten Tag verlief stressfrei und plangemäß. Bierfrühstück ab 9 und Länderpunkt McD waren gemacht. Abermals war von Vorteil, dass man sich nicht als Deutscher zu erkennen gab. So erfuhren wir viel über Wildschweinzähne, feministische Theorien und den Gebrauch von Limburger Käse in den 30er Jahren. Wir sind auch gespannt, ob Jörg seine Fremdgeherei in den Griff bekommt. 

Gut erheitert landeten wir in FFM. Dort vor dem Hbf noch das Spiel Spanien-Tschechien genossen und die letzte Etappe verging wie im Flug. Auch nach 35 Stunden im Zug fand ich den Ausflug als sehr gelungen und erwarte unseren Roadtrip zur ganzeuropäischen EM 2020.



aus Sicht der Autofahrer:

Die EM-Reise begann für uns ähnlich, wie für die 2 Zugfahrer, bereits in der Nacht von Freitag auf Samstag. Denn pünktlich nach dem Eröffnungsspiel zwischen Frankreich und Rumänien packten wir unsere Sachen.


Das Auto vollgepackt und mit 4 Leuten bewaffnet, startete dann gegen 0:00 Uhr zu unserem ersten Etappenziel. Dieses lag in Italien und um ganz genau zu sein in Genua, d.h. also über 1.000 km mussten zwischen Leipzig und unserem Ziel überwunden werden. Wir wählten die Strecke, welche uns am Bodensee, über Österreich und die Schweiz nach Italien führte. Den größten Teil der Strecke verschliefen meine Mitfahrer und so konnte ich ohne viele Pausen (außer mal tanken, pinkeln) die Fahrt bewältigen. Kurz vor der schweizerischen-italienischen Grenze und einem starken Regen in den Schweizeralpen (dort gibt  es übrigens witzige Schilder, welche die Lkw‘s darauf hinweisen, das durch verstärktes bremsen auf den Abfahrten, ihre Reifen Feuer fangen können) hatte ich dann genug vom fahren und wollte zum bequemen Teil übergehen. So wechselte ich also auf den Beifahrersitz und meine Mitfahrer legten die restlichen Kilometer bis Genua zurück. Auf den letzten Kilometern konnte ich so mit reichlich Bier in der Hand die schönen Landschaften genießen.



 Bereits kurz vor 12:00 Uhr erreichten wir dann unsere Bleibe in Genua. Diese war leider erst ab 13:00 Uhr bezugsfertig, doch gegenüber war ein Kleinfeldturnier und so zog man sich dort noch etwas Jugendfußball rein. Die Altersklasse war wohl zwischen 5-7, wenn ich das so richtig einschätze und es fielen reichlich Tore. Dabei entdeckte ich auf dem gleichen Gelände eine Fanclubfeier der Tifosis von Sampdoria Genoa, welche den restlichen Nachmittag und Abend noch ordentlich feierten. Wir machten hingegen noch etwas Genua unsicher und erkundeten unsere nähere Umgebung, welche leider relativ weit weg von Zentrum Genuas lag. Ich suchte leider auch noch erfolglos ein FC Genua Trikot und am Abend wurde noch etwas Fußball im Fernsehen konsumiert. Zuvor gab es noch ein recht passables Essen und eine ordentliche Anzahl an Bier.


Am nächsten Tag wurden dann nach einem kontinentalen Frühstück (war in Ordnung) die Sachen gepackt und es ging weiter in Richtung Nizza. Dort trafen wir recht problemlos (warum eigentlich bremsen, wenn jmd. über die Straße läuft?) ein und nachdem die sehr schöne Unterkunft (Mitten in der Stadt, mit Stellplatz (kann sonst extrem teuer werden), toller Innenhof) bezogen wurde, ging es in Richtung Stadt. Die Findung mit unseren beiden Zugfahrern verlief dann nach kurzen Anlaufschwierigkeiten recht gut und dann ging es bei einigen Bieren in Richtung Stadion. Das was man dabei von der Stadt Nizza sah, war recht schick und auch die Fans aus Nordirland blieben einen positiv in Erinnerung.


Die Fahrt zum Stadion erfolgte dann wie bereits geschildert in einem gut gefüllten Bus. Zum Weg vom Bushalt bis zum Stadion ist schon alles gesagt. Mit meiner Behinderung war das kein Zuckerschlecken, aber „Fußball ist das Leben“! Also durchhalten und durchbeißen!


Wir mussten uns dann leider trennen von unseren Zugfahrern, da unsere Plätze genau gegenüber lagen. Das Stadion, welches das kleinste bei dieser EM ist, war dann zu Spielbeginn gut gefüllt, wenn auch nicht alle Plätze belegt waren und wir dadurch ein paar Plätze zur freien Entfaltung hatten. Wir saßen etwas mehr in der polnischen Ecke und konnten somit recht gut auf die Nordirischen Fans schauen. Diese hatten eine gut gefüllte Kurve, jedoch waren insgesamt wesentlich mehr Polen im Stadion. Die Beflaggung beider Seiten konnten mich jeweils überzeugen, viele Länderfahnen, worauf die Orte oder der Vereinsname der jeweiligen Fans standen. Gefällt mir besser, als die ganzen Vereinsfahnen bei einem deutschen Länderspiel. Bei den Gesängen muss man zugeben, dass die Polen auf Grund ihrer Masse lauter waren, jedoch war die Qualität und Vielfalt der Gesänge bei den Nordiren besser. Noch ein Wort zum Essen, dass war ekelhaft. Wir hatten ebenfalls Steak mit Fritten. Fleisch trocken, zu wenig Ketchup, Baguette trocken, Pommes geschmacklos.


Zum Spiel kann man nur sagen, dass dieses echt schlechtes Niveau hatte. Die Polen bissen sich die Zähne an der Abwehr der Iren aus und diese hatten nur wenig Mittel um Offensivakzente zu setzen. Stürmer Milik aus Polen hatte dann Mitleid und schoss dann doch noch das 1:0 für die Favoriten. Der Schiri lies dann auch nicht sinnlos nachspielen und das Spiel endete letztlich verdient mit 1:0. 


Wir verweilten dann im Nachhinein noch etwas im Stadion, was sich als Fehler herausstellte. Denn als wir dann wieder an den Bushaltestellen waren, stand dort eine Riesenmasse, welche zurück in die Stadt wollte. Dabei kam es mitunter zu unschönen Geschiebe und völlig überfüllten Bussen, was vor allem für Schwangere, Verletzte und Kinder nicht ganz ungefährlich war. Ein Highlight an der Bushaltestelle war noch ein brennender Lkw, was aber keinen genauer interessierte.


In Nizza zog es uns dann nochmal auf die Fanmeile, wo wir die zweite Halbzeit von „die Mannschaft“ gegen die Ukraine verfolgten. Danach ging es über die Promenade, wo es noch zu ein paar kleineren Scharmützeln kam, zurück in die Unterkunft, wo man recht geschafft ins Bett fiel.

Am nächsten Tag ging es ja dann schon weiter…

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