Mittwoch, 26. April 2017

15.04.2017 1.FC Nürnberg - BSG Wismut Aue 2-1



Pünktlich um 4 klingelte der Wecker, um mich aus den Träumen vom Klassenerhalt an Spieltag 33 hochzuscheuchen. Ich finde dieses Phänomen immer wieder beeindruckend: in der Arbeitswoche wird die Schlummer-Taste bis aufs Äußerste malträtiert, während vor wichtigen (Fussball-)Ereignissen ein Piepen reicht um aufrecht im Bett zu stehen (die halb verschlafene Fahrt nach Aalen wird da mal verschwiegen). Der Kulturbeutel wurde gepackt, um pünktlich 5:19 am Hbf loszurollen. Über KMS und Hof ging es ins Frankenland. Die eingesetzten Züge zwischen Leipzig und Chemnitz gefallen mir sehr gut, im Abteil sitzend kann man sich in die alte Zeit zurückdenken, deren Charme die alten Reichsbahnwaggons versprühen.




Da in der "Stadt der Moderne" erwartungsgemäß die Flanier-Meile geschlossen hatte, war ein Mitfahrer aufgefordert die Reserven ab Hof aufzustocken. Mit einem 6er Kulmbacher kann man ihm allerdings nur große Bemühungen attestieren. Aufregung dann auch kurz in Z, ein SKB stürzte in den Zug um vermeintlich konspirativ angereiste Gefahrenquellen zu identifizieren. Fehlanzeige. Auch beim Umstieg in Hof war eine erhöhte Alarmbereitschaft der Staatsbediensteten festzustellen. Wir hingegen schwelgten in Erinnerungen und planten zukünftige Vorhaben.




Die letzte Etappe zum Stadion nahmen wir mit der S-Bahn in Angriff. Die gleiche Idee setzten ca. 60 junge Menschen der Nürnberger Ultrabewegung um. Außer großen Augen und dem Versuch ein breites Kreuz zu markieren, geschah und allerdings nichts und unsere 6-Mann-Kolonne konnte unbehelligt abziehen. Nach dem Spiel hätte das möglicherweise weniger freundlich geendet, aber so, keine Gefahr... Vielleicht wirkte auch die Diskussion über Lobbyarbeit, Schiedsrichterentscheidungen und RasenBallSport abschreckend. Das wiederum kann man niemanden verdenken, wirft man alle 3 Stichpunkte in einen Topf, bekommt man doch ein ziemlich übelriechendes Elixier raus.




Vor dem Spiel macht wir noch den griechisch-fränkischen Grillstand am Freibad unsicher. War ganz ok, doch bekommt man die Nürnberger zu Hause doch schmackhafter serviert. Die Absenz von Ouzo und Gyros wurde schmerzlich thematisiert, die Dortmunder Fussball-Hipster forderten direkt einen Tsipouro ein.
 
Der Einlass erfolgte dann recht fix und lässig. An diesem Ostersamstag konnte man einen vollen Gästebereich im Frankenstadion erblicken, der für Auer Verhältnisse auch stimmungsmäßig eine flotte Sohle auf das Parkett legte. Dies geschah diesmal leider fast ohne Gegenwehr, denn die Nürnberger Ultras durften nicht in ihre angestammten Blöcke und machten es sich in reduzierter Mannstärke auf der Gerade gemütlich.
 
Aue startete mit einem schicken Intro mit lila-weißen Rauch, Bengalen und allerhand großen Schwenkern. Ich denke bei etwas weniger Wind, wäre es noch besser zu Geltung gekommen, aber es sah schon ganz gut aus.
 
Das Spiel ist eigentlich (wie immer) recht schnell abgehakt:
  • 1-0 Glubb nach einem Absprachefehler der Auer Deckung konnte die Flanke die zum Führungstor führte locker geschlagen werden.
  • 1-1 per Kvesic-Freistoß kurz nach der Pause.
  • 2-1 Glubb nach Kvesic-Ballverlust bekam die Auer-Abwehr die Nürnberger nicht vom Ball getrennt, sodass ein Einschieben leicht möglich war.
Fazit: Aus der Überzahl in Hälfte 2 viel zu wenig Chancen erarbeitet. Ein Fehler wurde eiskalt bestraft und ein Lattenkopfball in der Nachspielzeit fand den Weg auch nicht ins Tor. So verharrt man auf dem Relegationsplatz und Sonntag steht ein vorentscheidendes Spiel gegen Würzburg auf dem Plan.


Was mir im Stadion schon auffiel das auffällige Verhalten der bayrischen Polizei. Bereits im Rund bewegten sie sich nur im Gruppenverbund, eher wie eine paramilitärische Einheit. Auf mich wirkte das eher wie eine völlig überzogene Drohgebärde, anstatt der ansonsten offiziell angesagten Deeskalation. Andere Gästefans durften von den Fähigkeiten der Spezialeinheit auch noch Kenntnis erlangen, wie in einigen im Netz kursierenden Videos zu sehen ist. Da kann man echt nur den Kopf schütteln wie der Staat sein Gewaltmonopol so brutal durchsetzt.



 Als wir das Stadion verließen war es eigentlich schon fast unmöglich pünktlich nach Hause zu kommen. Zumindest schätzte das einer unserer Mitfahrer so ein, dem die 2,2km Gewaltmarsch zur U-Bahn-Station eindeutig zu weit waren. In Anbetracht der Niederlage verzichteten wir auf das Volksfest und nahmen den direkten Weg zum Hbf.




Dort war wieder einmal das feinste Bahnhofspublikum anzutreffen. Vor dem Einkaufsmarkt unserer Wahl standen drei Suffniks mit veilchenfarbenen Augen, beäugt wurden wir auch von der Nürnberger Ultra-Jugend. Mir wird da ja Paranoia nachgesagt, aber wenn sich 5 Typen komplett in schwarz ohne etwas zu bestellen in Hörweite an den Nachbartisch setzen, sind in Intentionen doch klar.



Auf unserer Rückfahrt wurden einige spannungsgeladene Themen angeschnitten, Mitfahrer A. war von der Radio-Liveübertragung von ErBay nicht angetan und forderte die Mitsiebziger zum schnellen Abdrehen der Begasung auf. Diese stiegen deeskalierend aus und wünschten noch eine gute Heimfahrt. Klasse Reaktion - alte Schule EBen.




Das Wort zum Ostersamstag kam allerdings noch: Wir konnten feststellen, dass Leben nach Plan keinen Sinn mehr macht und jeder sich doch bitte nach Kräften seine Träume selbst verwirklichen sollte. Also: Seid spontan und macht mal was Verrücktes.


Mit diesem Gedankenansatz und dem gleichzeitigen Aufruf sein Leben in vollen Zügen (Wortwitz unbeabsichtigt ;)) zu genießen lasse ich euch erst mal allein. Ich melde mich wieder von der Abschlussfahrt nach Hannover/Düsseldorf/Köln, je nach dem, wo uns die Bahn hinfährt.


Mission "Direkter Klassenerhalt" läuft.


Prost!







 

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